Was vor ein paar Jahrhunderten als Segel die Weltmeere umschiffte und bei den großen Meistern als Malgrund im Atelier stand, erlebt heute ein Comeback in der Sommermode: Der 'Gemeine Leinen', auch 'Flachs' genannt, ist eine der ältesten nutzbaren Pflanzenfasern überhaupt und wurde bereits vor rund 7000 Jahren in Mesopotamien und Ägypten verwendet. Während Leinenstoffe gegen Ende des 19. Jahrhunderts weitestgehend durch Baumwollerzeugnisse verdrängt wurden, hat die Modeindustrie die robuste Faser vor kurzem für sich wiederentdeckt.
Leinen – Merkmale, Arten und Produktion
Leinen wird aus den Fasern des Langfaserflaches gewonnen, indem die Pflanze nach dreimonatiger Reifezeit mitsamt Wurzeln ausgerissen oder, fachsprachlich ausgedrückt, „gerauft“ und anschließend von den Samenkapseln getrennt wird. Diese müssen nach der Ernte zwischen März und Juni wieder eingesät werden, damit neue Flachspflanzen wachsen können. Der geerntete Flachs wird getrocknet (auf natürliche oder künstliche Weise) und die Bastfasern von den Pflanzenstängeln getrennt, bevor sie mithilfe einer sog. „Schwingturbine“ von Rindenresten befreit werden. Anschließend können die Flachsfasern entweder gewoben (zu Leinwänden) oder zu Leingarn für die Textilindustrie gesponnen werden. Für die Herstellung von Leinenstoffen wird entweder ausschließlich Leinengarn verwendet („Reinleinen“) oder eine Mischung aus Leinen und Baumwolle. Diese Erzeugnisse werden als sog. „Halbleinenstoffe“ bezeichnet und müssen minimal zu 40% aus Leinen bestehen. Der Langfaserflachs stammt überwiegend aus europäischen Anbaugebieten, doch auch in China wird der Gemeine Leinen angebaut.
Leinen – Comeback eines Alleskönners
Während Leinen bis ins 19. Jahrhundert der wichtigste Rohstoff für die Bekleidungsindustrie war, änderte sich dies radikal, als man die Baumwolle und die mit ihr verbundenen Möglichkeiten entdeckte. Erst in den letzten Jahrzehnten ist Leinen für die Textilindustrie wieder interessant geworden und wird nun etwa seit den 50er Jahren vornehmlich für Haushaltstextilien wie Bett- und Tischwäsche, sowie Geschirrhandtücher genutzt (siehe Bild). Da Leinen sich, im Gegensatz zu vielen anderen Bastfasern, sehr fein spinnen lässt, ist die Faser jedoch geradezu prädestiniert sowohl für die Nutzung in der Handarbeit, als auch für die industrielle Fertigung von Kleidung: Aufgrund der sehr glatten Fasern schließt Leinen so gut wie keine Luft ein, was Leinenstoffe weitestgehend flusenfrei und extrem schmutzabweisend macht. Außerdem ist Leinen von Natur aus so gut wie antistatisch und hat sogar eine antibakterielle Wirkung.
Ähnlich wie Seide, ist Leinen im Winter wärmend und im Sommer leicht kühlend, da der Stoff bis zu 35 % der Luftfeuchtigkeit aufnimmt, diese jedoch sofort mit der Umgebungsluft austauscht, wodurch auf der Haut ein kühlender Effekt entsteht. Aus diesem Grund wird Leinen heute vor allem für leichte Sommerbekleidung wie Röcke, Hosen und Kleider verwendet (Siehe: Leinen Pullover für Babys). Es eignet sich jedoch auch sehr gut als Stoff für Übergangskleidung wie etwa Jacken oder Blazer, da der Stoff insbesondere bei leichten Temperaturschwankungen ausgleichende Wirkung haben kann. Die Flachsfaser ist von Natur aus extrem reißfest und unelastisch, was Leinenstoffe nicht nur sehr langlebig, sondern auch strapazierfähig und formbeständig macht.
Was die Pflege betrifft, ist Leinen nicht sonderlich anspruchsvoll, da es sowohl die meisten Waschmittel, als auch chemische Reinigungen und hohe Temperaturen in der Waschmaschine gut verträgt. Das einzige Problem ist seine Scheuerfestigkeit, die nicht so ausgeprägt ist wie bei Baumwolle oder ähnlichen Fasern. Aus diesem Grund solltest Du Leinenstücke entweder in einem Schongang waschen, oder sie durch einen Wäschebeutel während des Waschgangs von anderen Stücken isolieren. Da Leinen deutlich anfälliger für Knitterfältchen ist als Baum- oder Schurwolle, sollten entsprechende Kleidungsstücke stets gebügelt werden. Wichtig ist jedoch, darauf zu achten, dass der Stoff keiner trockenen Hitze ausgesetzt wird – beim Bügeln solltest Du Leinen also stets leicht feucht halten. Für den Wäschetrockner ist der Stoff keinesfalls geeignet.
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