Wofür braucht man eine Rüsche mit Wellensaum?
Zum Beispiel für ein hübsches Kleidchen:
An Kindersachen sehen Rüschen oder gewellte Säume immer besonders schön und verspielt aus. Da ich keine Overlock-Nähmaschine besitze, habe ich meine Rüsche mit Wellensaum mit der normalen Haushaltsnähmaschine gefertigt. Wie das geht, zeige ich Dir in diesem Blogbeitrag. Es sei vorangestellt, dass ich erst seit 2 Jahren hobbymäßig nähe und mir alles Schritt für Schritt selber aneigne. Meine Vorgehensweise ist wahrscheinlich nicht perfekt, aber es gibt immer mehrere Wege zum Glück ;-) Heute lasse ich Euch teilhaben an meiner Freude über eine gelungene Rüsche, die auch Nähanfänger gut hinbekommen.
Die Profis unter Euch werden sagen, eine Rüsche ist doch etwas Gerafftes, Gekräuseltes. Ja, das stimmt. Aber wenn man nur einen schmalen Stoffstreifen mit einem Wellenrand versieht, kann man ihn direkt so als Rüsche verwenden. Er wirkt wie eine Rüsche, ist aber nicht so umständlich wie eine „echte Rüsche“. Bei echten Rüschen wird der Stoff doppelt gelegt, darüber hinaus muss der doppelt gelegte Stoff auf ein bestimmtes Maß gerafft oder gekräuselt werden. Das ergibt dann die Fülle der Rüsche. Oftmals wirken diese Rüschen deshalb zu voluminös bei kleinen Kinderkleidern. Meine Variante ist eine tolle Alternative, die viel leichter zu nähen ist.
Meine Rüsche hat den Vorteil, dass sie einlagig ist, dass sie keinen dicken Umschlagsaum hat und dassd sie ohne Raffen 1:1 an ein anderes Stoffstück genäht werden. Probiere es gern mal aus! Dir werden sicherlich viele Einsatzmöglichkeiten einfallen. Es geht los!
Der „Overlock-Nähfuß“
Zuerst kümmern wir uns um die optimalen technischen Voraussetzungen. Die meisten Nähmaschinen haben einen „Overlock-Nähfuß“ als Standardzubehör dabei. Meine leider nicht, deshalb habe ich ihn mir dazugekauft. Wie sieht so ein Teil aus und braucht man das wirklich?
Ja, ich brauche es. Und zwar macht es am rechten Rand Umschlagsäume. Eine Overlock-Nähmaschine kann das von Hause aus. Unsere Haushaltsnähmaschinen nicht. Deshalb muss man sich hier mit diesem Overlock-Nähfuß behelfen. Das Besondere an ihm ist, dass er vorne rechts eine Kante eine Begrenzung hat. Bis hierher liegt der Stoff. An dieser Kante wird die Stoffkante beim Nähen umsäumt. Wie das genau geht, zeige ich Dir später.
Man führt quasi den Stoff später so, dass die rechte Stoffseite immer an diese schwarze Kante stößt.
Geht es auch ohne Overlock-Nähfuß?
Ja, das geht auch, ist aber schwieriger. Hier muss man den Stoff mit der Hand so führen, dass die Einstiche beim Zickzackstich einmal in den Stoff treffen und einmal rechts neben den Stoff. Hier muss man also langsamer nähen und den Stoff präziser führen, da es keine Seitenkantenbegrenzung wie das schwarze Teil beim Overlock-Nähfuß gibt. Zugleich muss man für einen Wellensaum auch noch oben und unten am Stoff ziehen, so dass er beim Nähen unter Spannung gerät. Man muss also beim Nähen auf 3 Dinge gleichzeitig achten und bräuchte deshalb eigentlich 3 Hände zum Führen des Stoffes und zum Strammziehen nach oben und unten während des Nähens. Das braucht schon etwas mehr Übung, aber prinzipiell ginge es auch ohne Overlock-Nähfuß. Mit ist es allerdings deutlich komfortabler ;-) Schau doch mal, ob Du so ein Teil nicht auch im Zubehör Deiner Nähmaschine findest.
Den Unterschied macht also die seitliche Begrenzung bei der Führung des Stoffes, den uns der Overlock-Nähfuß abnimmt. Damit haben wir beide Hände frei zum Dehnen des Stoffes beim Nähen.
Das Garn und die Nadel
Natürlich brauchen wir passendes Nähgarn und eine Jersey- bzw. Stretchnadel für unsere Nähmaschine. Das Garn muss farblich exakt zu unserem Jersey-Stoff passen, denn wir sehen später die Naht sehr prägnant am Rand. Achte bitte darauf, dass Deine Garnspulen möglichst voll sind, da ein Rollsaum viel Nähgarn braucht.
Stoffzuschnitt und Fadenrichtung
Jetzt kümmern wir uns um den Stoff. Wir benötigen für die Rüschen zwei Streifen Baumwolljersey. Manchmal hat man ja nur einen schmalen Stoffrest und steht vor der Frage, ob die Fadenrichtung beim Zuschnitt eines Jerseystoffes egal ist. Er ist ja dehnbar in beide Richtungen und aufrebbeln können die Maschen auch nicht. Muss man ihn also in oder gegen die Fadenrichtung zuschneiden oder ist es egal? Beides geht, aber es gibt Besonderheiten, die man kennen sollte. Ich stelle Euch kurz mal beide Varianten vor:
Stoff gegen die Fadenrichtung zuschneiden
In der Regel wird das Band für die Rüsche gegen die Fadenrichtung geschnitten. Da wir mehr durchgeschnittene Maschen haben, ist der Stoff in diese Richtung dehnbarer und rollt sich auch mehr ein. Beim Umsäumen der Ränder hat die Nähmaschine so mehr gerollten Stoff in den Rand einzufassen. Der Wellensaum wird insgesamt prägnanter.
Wenn wir später diesen Streifen annähen, kommt die schöne rechte Stoffseite der Rüsche nach außen. Sie ist also sichtbar, da die Rüsche ja umklappt und aufliegt.
Wenn bei allen verwendeten Stoffen die schöne rechte Seite außen ist, sieht das insgesamt gefälliger aus.
Aber meistens sind die Jerseymaschen so fein gestrickt, dass man auch die linke Stoffseite als Oberseite akzeptieren kann. Das wäre dann die folgende Variante, mit der ich mein Rosa-Kinderkleid weiter gestaltet habe. Hier habe ich den Jerseystreifen für die Rüsche in Fadenrichtung zugeschnitten.
Stoff in Fadenrichtung zuschneiden
Wenn man nur einen kleinen Stoffrest hat und der für einen Zuschnitt gegen die Fadenrichtung nicht reicht, dann kann man den Stoffstreifen auch in Fadenrichtung zuschneiden.
Für mein Rosa-Kinderkleid benötige ich 2 Rüschen, also brauche ich 2 Streifen von ca. 60 x 4 cm. Die Ecken habe ich leicht abgerundet, damit die Rüsche später nicht so abrupt endet, sondern zum Ende hin schmaler ausläuft. Je nach Kleidungsstück und Kleidergröße variieren Länge und Breite der Rüsche.
Bei meinem Kinderkleid möchte ich eine Rüsche, die sich bis in den Rock hineinzieht. Man könnte sie auch kürzer machen, z. B. bis dort, wo das Rockteil beginnt – dann würde die Rüsche nur auf dem Oberteil des Kleides sein. Man muss also vorher überlegen, wo die Rüsche sein soll und danach die Länge und Breite des Streifens bestimmen.
Wir bügeln beiden Streifen und legen sie zur Seite.
Das Probestück
Bevor wir unsere Jerseystreifen mit dem Rollsaum versehen, müssen wir an einem Probestück testen, welche Einstellungen an unserer Nähmaschine zum besten Ergebnis führen. Dafür nehmen wir den von uns verwendeten Jerseystoff und üben an einer Kante den Wellensaum. Der Fadenverlauf beim Probestück muss genauso sein wie bei den zugeschnittenen Jerseystreifen.
Nähmaschinen-Einstellungen
Wir nähen mit einem kleinen Zickzack-Stich. Bei mir haben sich eine Stichlänge von 3,0 mm und eine Stichbreite von 0,2 mm als optimal erwiesen. Du musst beim Nähen am Probestück prüfen, welche Einstellungen bei Dir zum besten Ergebnis führen.
Wichtig ist, dass wir die obere Fadenspannung ganz locker einstellen, da die Nähmaschine den Stoff nur minimal weitertransportieren soll. Bei mir ist das 1. Wir übernehmen mit unseren Händen den Transport des Stoffes selbst. Die Nähmaschine soll den Weitertransport also nur minimal unterstützen.
Der Nähvorgang
Da wir selber den Zug des Materials bewerkstelligen müssen, brauchen wir oben, wo der Stoff beginnt, ein Stückchen Stoff zum Festhalten. Unser Wellenrand beginnt damit also ca. 2 – 3 cm ab Stoffkante. Daumen und Zeigefinger der linken Hand halten also den Stoffanfang fest.
Den Stoff führen wir an der schwarzen Kante unseres Overlock-Nähfusses entlang.
Wir verriegeln den Stoff mit 3 Geradstichen vorwärts und 3 Stichen zurück. Somit ist der Faden erstmal im Stoff fixiert. Danach schalten wir auf unseren Zickzackstich um und starten mit dem Wellenrand.
Damit Wellen entstehen, müssen wir den Jerseystoff die ganze Zeit über in die Länge dehnen. Wir halten mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand den oberen Stoffbeginn fest und halten gleichzeitig mit der anderen Hand den Stoff unten fest, so dass wir ihn nur widerwillig von der Nähmaschine weitertransportieren lassen.
Je stärker wir den Stoff zwischen unseren Händen dehnen, um so stärker wellt sich die Kante.
Hier seht Ihr auch, dass die Farbe des Nähgarns ganz deutlich zu sehen ist. Wenn man nicht den gleichen Ton hat, kann man gezielt auch eine Kontrastfarbe einsetzen. Das betont den Wellensaum dann noch mehr.
Herstellung des Kleides
Nachdem wir mit dem Wellenrand unseres Probestückes zufrieden sind, dürfen wir auch die zugeschnittenen Stoffstreifen, die später die Rüschen unseres Kleides werden sollen, mit dem Wellenrand versehen. So schauen meine beiden Rüschen nach dem Nähen aus. Die ungewellten Enden verschwinden später beim Einnähen zwischen zwei Stoffbahnen in der Naht.
Wenn man möchte, dass die Rüschen nur über das Oberteil reichen und im Rockbund enden, könnte man sie nach dem Wellensaum zu den Enden hin noch verschmälern. Man schneidet sie dann einfach entsprechend zu, so dass die Enden flacher werden.
Kleiner Ausblick: Eingenäht sähe das dann so aus: die unteren Kanten der Rüsche verschwinden später in der Rocknaht.
Bei meinem Rosa-Kleidchen sind die Rüschen aber länger und laufen in den Rock ein.
Ich nähe sie nun in das Kleid. Da es in diesem Blogbeitrag hauptsächlich um die Rüsche und den Wellensaum geht, führe ich Euch im Folgenden nur kurz durch die weitere Fertigung des Kleides. Ich weiß ja, dass Ihr gern sehen würdet, was weiter mit den Rüschen passiert.
Das Kleid ist so konstruiert, dass die Rüsche in die Naht zwischen zwei Stoffbahnen herausschaut. Ich klammere sie also an den Mittelteil an.
Vorher habe ich geschaut, ob ich die linke oder die rechte Seite der Rüsche oben haben wollte. Ich habe mich für die linke Seite entschieden, da hier die Wellen prägnanter herauskamen. Dies hatte ich ja schon bei meinem Probestück gesehen: wenn man den Streifen in Fadenrichtung zuschneidet, sehen die Wellen auf der Rückseite der Rüsche prägnanter aus.
Deshalb habe ich die linke Seite der Rüsche auf die rechte Seite der Stoffbahn geklammert. Kleiner Ausblick … so schaut das dann später aus, wenn man die linke Seite der Rüsche nach oben nimmt. Da die Jerseymaschen so fein sind, macht es optisch fast keinen Unterschied. Ich hatte Euch ja oben das mit dem Zuschnitt in oder gegen die Fadenrichtung erklärt. Es geht also beides. Aber wenn ich kann, bevorzuge ich den Zuschnitt gegen die Fadenrichtung, weil dan die rechte Seite der Rüsche obenauf liegt.
Nach dem Annähen mit dem Stretchstich und dem Dämpfen der Nähte schaut das auf der linken Seite so aus:
Die andere Seite lässt schon die spätere Optik des Kleides erahnen.
Jetzt klammere ich die zwei seitlichen Stoffbahnen des Kleides an die Nähte mit der Rüsche.
Nachdem ich die seitlichen Stoffbahnen auf die Rüschennaht aufgenäht habe, schneide ich den Stoffüberstand ab.
Die Rüsche befindet sich zwischen den beiden Stoffbahnen.
So sehen die fertig eingenähten Rüschen im Kleid aus:
Die Seitennähte des Kleides sind noch offen und auch Ärmel fehlen noch. Somit haben wir gerade jetzt genügend Bewegungsfreiheit zum Einnähen der Halsblende.
Die Halsblende
Die Halsblende habe ich aus dem gleichen Jerseystoff hergestellt, aus dem die Rüsche ist. Wie ich das gemacht habe, könnt Ihr bei Interesse gern in meinem Blogbeitrag „Halsblende aus Jerseystoff selbermachen“ nachlesen: https://www.crazypatterns.net/de/blog/3566/passendes-jersey-band-fuer-halseinfassung-selber-machen-so-gelingt-es
Es gibt keine abgeschnittenen Kanten. Die Halseinfassung sieht außen und innen gleich ordentlich aus.
Die Ärmel
Jetzt muss man sich für kurze oder lange Ärmel entscheiden. Meine Schwiegertochter wünschte sich für die kleine Tochter ein langärmeliges Kleid, weil das die Arme besser vor Sonnenbrand schützt. Könnte man ja später bei Bedarf immer noch kürzen ;-)
Erstmal nähen wir den Saum 2 cm mit dem Stretchstich um. Und natürlich dämpfen/bügeln nicht vergessen.
Dann klammern wir den Ärmel in das Armloch. Hier müssen wir darauf achten, welche Seite des Ärmels an das Vorderteil geklammert werden muss und welche demzufolge für das Rückenteil bleibt. Alle Schnitte haben eine entsprechende Markierung. Wenn man die Ärmel verwechselt, hätte man vorne am Ärmel eine Beule.
Wir nähen den Ärmel mit dem Stretchstich an und bügeln die Naht. Den Saumüberstand wegschneiden.
Nun klammern wir beide Längstseiten des Kleides - vom Ärmelsaum bis zum Kleidersaum - aneinander und nähen sie mit dem Stretchstich zusammen. Danach die Naht bügeln und den Stoffüberstand an der Naht abschneiden.
Mein Kleidchen ist fast fertig. Es fehlt nur noch der untere Saum.
Der Saum
Weil ich gern den Rosa-Farbton der Rüsche nochmal als Saumabschluss am Kleid haben wollte, habe ich mir einen Streifen aus dem gleichen Jerseystoff zugeschnitten und rund herum an das Kleid genäht. Hier habe ich vorher die Längstseite vom Jersey gesäumt, so dass er sich nicht einrollen kann. Das sieht angenäht sauberer aus, als wenn man eine abgeschnittene Kante hätte.
Fertig ist mein Kleidchen, bei dem die Rüschen mit dem Wellenrand die besondere Zierde bilden.
Und weil ich weiß, dass Ihr ja neugierig seid, zeige ich Euch auch noch das rote Kleid mit den spitz zulaufenden Rüschen, die im Rockbund enden.
Ich bedanke mich für Euer Interesse und Eure Aufmerksamkeit. Wenn Ihr meinen Stil mögt und Lust auf mehr kreative Ideen von mir habt, kommt mich gern in meinem Shop oder auf meinem Blog besuchen.
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Herzliche Grüße von Ina