Wollproduktion: Das totgeschwiegene Elend
Die Geschichte von dem barmherzigen Schäfer, der seine Schützlinge von der viel zu warmen Wolle befreit, hat sich leider schon vor langer Zeit als Märchen entpuppt: Tatsächlich leiden die Tier nur deshalb unter zu starker Wollproduktion, weil das Wachstum durch das regelmäßige Scheren künstlich angeregt wird. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs: Zwar werden Schafe, Alpakas, Angorakaninchen und Kaschmir-Ziegen für ihre Wolle nicht getötet, doch in den meisten Fällen ist der Gewinnungsprozess qualvoll für die Tiere. So werden die Merinoschafe zwar "nur" geschoren, allerdings wird ihnen in einer Prozedur namens "Mulesing" großflächig und ohne Betäubung die Haut um Hinterbacken und Schwanz herum entfernt, um Fliegenbefall zu vermeiden. Den Lämmern werden (ebenfalls ohne Betäubung) die Ohren gelocht und die Schwänze kupiert. Den Angorakaninchen wird in der chinesischen Produktion, die rund 90% der Gesamtproduktion ausmacht, das wertvolle Fell per Hand bei lebendigem Leibe ausgerissen – eine Stresssituation, die die meisten der Tiere nicht überleben.
Ein Schritt in die richtige Richtung ist die "Vegetarische Wolle", die ausschließlich von Tieren gewonnen wird, die eines natürlichen Todes gestorben sind. Da der Bedarf hiermit natürlich nicht gedeckt werden kann, ist die "Vegane Wolle" entwickelt worden – damit wir auch in Zukunft nicht frieren, dafür aber keine Tiere mehr leiden müssen. Vegane Wolle hat den Vorteil, dass sie aufgrund ihres pflanzlichen Ursprungs vollkommen frei von Wollfett, dem sog. "Lanolin", ist. Da dieses Wollfett häufig Allergien und Unverträglichkeiten auslöst, eignet sich vegane "Wolle" hervorragend für Allergiker. Mehr über ökologische Wolle.
Vegane Wollarten: Warum man Soja nicht nur essen kann
Die bekannteste "vegane" Wolle ist natürlich die Baumwolle, da diese nicht von Tieren, sondern aus der tropischen Baumwollpflanze gewonnen wird. Allerdings solltest Du auch hier darauf achten, dass es sich um ein Produkt aus ökologischer Landwirtschaft handelt.
Bambuswolle
Aus Bambus werden Viskosefasern gewonnen, die sich zu einem Textil verarbeiten lassen, das sich wie eine Mischung aus Kaschmir und Seide anfühlt. Dieses leichte Garn ist zu 100% biologisch abbaubar und im Vergleich mit Schurwolle sogar deutlich strapazierfähiger und weicher. Genau wie Schafswolle ist Bambuswolle geruchsresistent und kann sehr viel Feuchtigkeit aufnehmen.
Wolle aus Leinen
Garne aus Leinen sind optimal für den Sommer, da die Flachsfaser bis zu 20% seines Gewichts an Feuchtigkeit aufnehmen und diese wieder an die Luft abgeben kann. So bleibt der Stoff selbst bei hohen Temperaturen angenehm trocken. Weitere Vorteile der Pflanzenfaser sind seine antistatischen und anti-allergenen Eigenschaften. Da es sich um eine extrem genügsame Pflanze handelt, werden beim Anbau so gut wie keine Pestizide benötigt.
Wolle aus Seetang
Genau genommen geht es nicht um den Seetang an sich, sondern um die sog. „SeaCell-Fasern“, die die Zellulose mit den Algen verbinden. Diese Fasern werden aus getrocknetem und zerkleinertem Seetang gewonnen und anschließend mit Zellulosefasern vermischt. Aufgrund des hohen Anteils an Mineralien und Spurenelementen haben diese Garne einen entzündungshemmenden Effekt. Ihre poröse Struktur sorgt außerdem für einen geregelten Feuchtigkeitshaushalt, sodass die Haut im Winter gewärmt und im Sommer gekühlt wird.
Wolle aus Hanf
Da Hanf eine extrem robuste und anspruchslose Pflanze ist, eignet er sich hervorragend für den ökologischen Anbau ohne Einsatz von Pestiziden. Die Hanffaser ist dem Flachs (Leinen) sehr ähnlich und ist bis zu dreimal strapazierfähiger als Baumwolle.
Seide aus Soja
Sojafasern fallen bereits seit Jahrhunderten als Abfallprodukt bei der Herstellung von Tofu an. Erst vor wenigen Jahren hat man jedoch entdeckt, dass sich aus den Fasern der Sojabohne ein Textilgewebe herstellen lässt, das durch seine Weichheit und seinen Glanz an Seide und durch seinen extrem wärmenden Effekt an Kaschmir erinnert. Die Sojafasern sind vollständig biologisch abbaubar und es gibt sogar die These, dass das Protein in den Fasern seine feuchtigkeitsspendenden Aminosäuren an die menschliche Haut abgibt.
Weitere Wollarten aus Holz
In einem umweltfreundlichen Prozess wird ein Zellstoff aus Holz gewonnen, aus dem eine textile Faser namens „Lyocell“ hergestellt wird. Dieser Stoff eignet sich hervorragend als Ersatz für Seide, da er ganz ähnliche Eigenschaften besitzt; so ist er beispielsweise bügelfrei und extrem gut färbbar. Er kann sogar so gewoben werden, dass er die Eigenschaften von Schurwolle und Wildleder imitiert.