Rundes gefilztes Sitzkissen
Wer einen Garten hat oder gern mal Ausflüge macht, kennt da Problem. Oftmals ist im Frühling oder Herbst der Boden zum Sitzen zu kalt. Da hilft nur eine wärmende Schicht aus Filz. Ich habe mir dafür aus bunten Filzwollresten mehrere runde Sitzkissen gehäkelt. Eines für mich, mehrere für die Enkel, wenn sie im Sandkasten sitzen oder auf der Steintreppe malen wollen, eines für meinen Mann, wenn er angeln geht. Man braucht sie einfach immer. Und man kann seine Restwollen sinnvoll und nützlich verwerten.
Meine Sitzkissen habe ich in 2 Größen gefertigt: sie sind 37 oder 42 cm im Durchmesser. Die Kinder brauchen die kleineren, wir Erwachsenen die größeren. Aber letztlich kann man selber die Größe bestimmen. Meine Werte dienen daher nur zur Orientierung.
Die Sitzkissen kann man einrollen und einfach in die Tasche stecken und überallhin mitnehmen.
Sie wirken wie ein Puffer zwischen kaltem Boden und warmem Körper. Durch das Filzen verbinden sich die wärmenden und temperaturausgleichenden Fasern dauerhaft. Der Filz ist nach dem Filzen ca. 1 cm hoch und damit schön dick und weich, so dass es auch noch einen leichten Polstereffekt gibt. Es nimmt auch keine Gerüche an. Es genügt ein Auslüften über Nacht an der frischen Luft.
Ich finde die Sitzkissen ideal für den Garten, das Picknick im Grünen, für Camping und Spielplatz, das Angeln, den Katzenkorb, das Freiluftkonzert usw. usw.
Jetzt geht es los! Das wollen wir machen:
Materialien zum Häkeln
Wir benötigen pro Sitzkissen:
- ca. 300 - 350 g Filzwolle (Lauflänge 50 m auf 50 g) in (8 - 9) verschiedenen Farben (oder wie man hat)
Für die inneren, kleineren Häkelrunden genügen Reste, für die größeren Häkelrunden zum Ende hin braucht es mehr Filzwolle.
- eine Häkelnadel der Stärke 12
Es gibt viele verschiedene Filzwollen von unterschiedlich guter Qualität. Dies deshalb, da Schafwolle, woraus Filzwolle zu 100 % besteht, ein reines Naturprodukt ist. Ein Schaf produziert 35 verschiedene Qualitätsstufen von Wolle. Die dickste und wärmste wächst auf dem Rücken; die minderwertigste an den Beinen. Je nachdem welche Filzwolle davon versponnen wird, fällt die Qualität besser oder schlechter aus. Eine Filzwolle, die sich schön dick und filzig anfasst, wird nach dem Filzen ein besseres Ergebnis liefern als eine, die sich von Hause aus schon dünn anfasst. Ein gutes Ausgangsprodukt wird ein gutes Ergebnis liefern.
Die Filzwollfaser ist von Natur aus ruppig und schuppig und mit kleinen Widerhaken besetzt. Durch Wärme, Reibung und Waschpulver verhakeln sich die kleinen Widerhaken miteinander und lassen einander nicht mehr los. Sie verfilzen miteinander und werden zu einer unlösbaren dichten Verbindung.
Da ich schon länger mit Filzwollen arbeite und schone einige ausprobiert habe, verrate ich Euch meine Favoriten, die ich ständig für meine Filzprojekte verwende:
- „Funky“ Filzwolle (schöne Neon-Farben)
- „Filzi“ von schoeller & stahl
- „Linie 231“ von ONline
Darüber hinaus gibt es noch viel mehr Sorten. Ihr könnt also auch andere wählen, die Ihr schon in Euren Vorräten habt und die Euch geeignet erscheinen. Da es ein Resteprojekt ist, genügen natürlich auch Reste. Die dürfen auch von verschiedenen Herstellern sein. Für ein Sitzkissen kann man das alles verarbeiten. Im schlimmsten Fall wird das Kissen durch die verschiedenen Qualitäten minimal kleiner oder größer als vorgesehen, aber das ist bei einem Kissen zu verschmerzen. Bei Filzschuhen dagegen muss man sich für eine Sorte entscheiden, da jede Sorte unterschiedlich filzt. Aber das ist ein anderes Thema.
Maschenprobe
Eine Maschenprobe können wir uns bei diesem Projekt eigentlich sparen, da man die endgültige Größe des Kissens nie 100%ig voraussagen kann. Filzwolle schrumpft ungefähr 30 bis 40 % ein. Wieviel sie genau schrumpft, hängt von vielen verschiedenen Faktoren – wie der Qualität des verwendeten Garns, dem eigenem Häkelstil, dem verwendetem Waschpulver, dem Waschgang, der Waschmaschine, dem Spannen usw. ab.
Damit unsere Kissen später möglichst die gleiche Maße haben und weil meine Maßangaben auf meinem Häkelstil beruhen, sollte Euer Häkelstil also mit meinem übereinstimmen. Eure Maschenprobe mit 2 Fäden Filzwolle, Nadelstärke 12 und festen Maschen sollte über 10 x 10 cm im ungefilzten Zustand auf 7 Maschen und 7 Reihen kommen.
Farbwechsel / Fadenwechsel
Da unser Sitzkissen aus verschiedenen Farben und Wollknäulen gehäkelt wird, müssen wir natürlich laufend neue Farben ansetzen. Wir vernähen keine Fadenenden. Damit man die Fadenenden später nach dem Filzen nicht sieht, verheiraten wir beim Fadenwechsel den halben Faden der alten Farbe mit dem halben Faden der neuen Farbe.
Beim Fadenwechsel halbieren wir also 15 cm vom abgeschnittenen alten Fadenende. Vom neuen Faden halbieren wir ebenfalls ca. 15 cm. Nun halten wir die Hände kurz unter warmes Wasser und legen beide Faden-Enden in die Handfläche der linken Hand. Mit der anderen Hand decken wir die Faden-Enden zu und reiben nun in kurzen Hin- und Her-Bewegungen die beiden Faden-Enden aneinander, so dass sich die Filzfasern miteinander verbinden.
Die Verbindungsstelle muss genauso dick sein vom Filz her wie der Rest der Fäden. Nach dem Filzen merkt man nicht mehr, dass hier zwei Fäden verbunden wurden. Diese Technik wende ich auch immer bei meinen Filzschuhen an. Das ist viel unauffälliger als vernähte Fäden. Wenn die Verbindung aber zu dünn ist, weil der verheiratete Faden nicht die gleiche Stärke hat, gibt es hier u. U. später Löcher (jedenfalls bei den Filzschuhen).
Jetzt geht’s los:
Wir arbeiten immer zweifädig!
Wir suchen uns unsere Lieblingsfarben heraus und legen sie so hin, wie wir sie nacheinander verarbeiten wollen. Mein Kissen soll von innen hell nach außen dunkler werden. Es ist zu beachten, dass für die inneren Runden kleinere Filzwollreste genügen, für die größeren äußeren Runden braucht man mehr. Die Garne dürfen von verschiedenen Herstellern sein. Alle sollten aber die gleiche Stärke, nämlich 50 Meter auf 50 Gramm haben.
Für alle, die es ausführlicher brauchen, häkele ich im Folgenden jede Runde vor. Wer das so nicht braucht, kann den ausführlichen Teil überspringen und den Kreis mit Hilfe der Kurzübersicht, die sich weiter hinten in diesem Blogbeitrag befindet, häkeln.
Start
In einen Fadenring häkeln wir doppelfädig 6 feste Maschen.
Danach ziehen wir den Fadenring zu.
Runde 1 – einfarbig
Wir kennzeichnen uns den Rundenbeginn mit einem Kontrastfaden.
Wir verdoppeln jede Masche = 12 Maschen
(Verdoppeln heißt: Wir häkeln 2 Maschen in eine Einstichstelle)
Den maigrünen Anfangsfaden vom zugezogenen Fadenring vernähen wir jetzt gleich, damit er uns nicht mehr stört.
Runde 2 – einfarbig
Wir markieren uns wieder den Rundenbeginn mit einem Faden.
Wir doppeln jede 2. Masche = 18 Maschen.
Runde 3 - zweifarbig
Jetzt kommt die nächste Farbe (hellgrün) ins Spiel. Wir ersetzen 1 Faden der alten Farbe (maigrün) durch die neue Farbe (hellgrün). Den Fadenwechsel machen wir wie oben beschrieben.
Wir markieren uns den Rundenbeginn.
Wir häkeln diese Runde nun praktisch zweifarbig.
Wir verdoppeln jede 3. Masche = 24 Maschen.
Seht Ihr, dass es langsam ein Sechseck wird?
Da wir aber einen Kreis und kein Sechseck wollen, häkeln wir ab jetzt die Zunahmen immer versetzt.
Wir nehmen also weiterhin pro Runde 6 Maschen zu, aber die Zunahmen liegen nie übereinander, sondern immer versetzt. Dazu verlegen wir den Rundenbeginn jeweils ein paar Maschen nach vorn und legen dort den Markierungsfaden als Rundenbeginn ein. Die erste verdoppelte Masche ist immer diejenige, wo der Markierungsfaden liegt.
Runde 4 - einfarbig
Wir trennen uns von einem Faden, diesmal der alten Farbe (maigrün).
Wir häkeln diese Runde einfarbig mit 2 Fäden der neuen Farbe (hellgrün).
Wir verdoppeln jede 4. Masche = 30 Maschen
Runde 5 - zweifarbig
Wir häkeln wieder mit einem Faden einer neuen Farbe (neongrün) und einem Faden der alten Farbe (hellgrün).
Mit dem Neongrün ist die Doppelfädigkeit jetzt gut zu erkennen.
Wir verdoppeln jede 5. Masche = 36 Maschen
Runde 6 - einfarbig
In diesem Rhythmus mit dem Farbwechsel und den 6 Maschen-Zunahmen pro Runde fortsetzen.
Wir verdoppeln jede 6. Masche = 42 Maschen
2 x neongrün
Runde 7 - zweifarbig
Wir verdoppeln jede 7. Maschen = 48 Maschen
1 x neongrün
1 x flaschengrün
Runde 8 - einfarbig
Wir verdoppeln jede 8. Masche = 54 Maschen
2 x flaschengrün
Runde 9 - zweifarbig
Wir verdoppeln jede 9. Masche = 60 Maschen
1 x flaschengrün
1 x türkis
Runde 10 - einfarbig
Wir verdoppeln jede 10. Masche = 66 Maschen
2 x türkis
Runde 11 - zweifarbig
Wir verdoppeln jede 11. Masche = 72 Maschen
1 x türkis
1 x mittelblau
Runde 12 - einfarbig
Wir verdoppeln jede 12. Masche = 78 Maschen
2 x mittelblau
Runde 13 - zweifarbig
Wir verdoppeln jede 13. Masche = 84 Maschen
1 x mittelblau
1 x dunkelblau
Runde 14 - einfarbig
Wir verdoppeln jede 14. Masche = 90 Maschen
2 x dunkelblau
Runde 15 - zweifarbig
Wir verdoppeln jede 15. Masche = 96 Maschen
1 x dunkelblau
1 x anthrazit
Runde 16 - einfarbig
Wir verdoppeln jede 16. Masche = 102 Maschen
2 x anthrazit
Für ein Kissen mit ca. 37 cm Durchmesser wäre das die letzte Runde.
Für ein Kissen mitt ca. 42 cm Durchmesser häkeln wir noch zwei weitere Runden.
Runde 17 - zweifarbig
Wir verdoppeln jede 17. Maschen = 108 Maschen
1 x anthrazit
1 x schwarz
Runde 18 - einfarbig
Wir verdoppeln jede 18. Masche = 114 Maschen
2 x schwarz
Die allerletzte schwarze Masche bitte als Kettmasche arbeiten und die beiden Fäden locker vernähen.
Kurzfassung der Zunahmen:
Runde 0 - (einfarbig) – in Fadenring 6 Maschen
Runde 1 - (einfarbig) – jede Masche verdoppeln = 12 Maschen
Runde 2 - (einfarbig) – jede 2. Masche verdoppeln = 18 Maschen
Runde 3 - (zweifarbig) – jede 3. Masche verdoppeln = 24 Maschen
Runde 4 - (einfarbig) – jede 4. Masche verdoppeln = 30 Maschen
Runde 5 - (zweifarbig) – jede 5. Masche verdoppeln = 36 Maschen
Runde 6 - (einfarbig) – jede 6. Masche verdoppeln = 42 Maschen
Runde 7 - (zweifarbig) – jede 7. Masche Verdoppeln = 48 Maschen
Runde 8 – (einfarbig) - jede 8. Masche verdoppeln = 54 Maschen
Runde 9 – (zweifarbig) - jede 9. Masche verdoppeln = 60 Maschen
Runde 10 – (einfarbig) - jede 10. Masche verdoppeln = 66 Maschen
Runde 11 – (zweifarbig) - jede 11. Masche verdoppeln = 72 Maschen
Runde 12 – (einfarbig) - jede 12. Masche verdoppeln = 78 Maschen
Runde 13 – (zweifarbig) - jede 13. Masche verdoppeln = 84 Maschen
Runde 14 – (einfarbig) jede 14. Masche verdoppeln = 90 Maschen
Runde 15 – (zweifarbig) jede 15. Masche verdoppeln = 96 Maschen
Runde 16 – (einfarbig) jede 16. Masche verdoppeln = 102 Maschen
Hier wäre jetzt Schluss für das fertig gefilzte Kissen mit 37 cm Durchmesser.
Für das fertig gefilzte Kissen mit den 42 cm Durchmesser bräuchten wir noch zwei weitere Runden:
Runde 17 – (zweifarbig) jede 17. Masche verdoppeln = 108 Maschen
Runde 18 – (einfarbig) jede 18. Masche verdoppeln) = 114 Maschen
Unser gehäkelter Kreis ist jetzt fertig und sollte ungefähr 56 cm im Durchmesser haben.
Für das kleinere Kissen sollten es ca. 48 cm im Durchmesser sein.
Jetzt wird gefilzt!
In die Waschmaschine kommen:
- das gehäkelte Sitzkissen
- Colorwaschmittel
- 1 Farbschutztuch aus der Drogerie
- 1 großes altes Badehandtuch und/oder 3 Tennisbälle zum Walken
- kein Weichspüler!
Wir wählen in unserer Waschmaschine ein Vollwasch-Programm mit 60 Grad (kein Kurzprogramm, kein Schonprogramm) und die höchste Schleuderdrehzahl.
Nach dem Waschgang sollte das Filzkissen so ausschauen – leicht verbeult und schön verfilzt. Man sieht noch etwas von der gehäkelten Struktur, da es ja dicke Häkelmaschen waren, aber die Filzfasern sind gut miteinander verfilzt.
Wenn Euer Sitzkissen noch zu groß oder noch nicht gut genug verfilzt ist, könnt Ihr den Waschgang – wie eben beschrieben – wiederholen. Dann würde das Sitzkissen durch das nochmalige Filzen noch etwas kleiner werden, aber leider auch etwas blasser werden. Das ist bei Filzwolle so, da sie ja unbehandelt ist und keine faser- und farbschützende Behandlung wie zum Beispiel Sockenwolle bekommen hat.
Hier mal ein Größenvergleich, wenn man bis Runde 16 bzw. bis Runde 18 arbeitet. Unten liegt das große Sitzkissen, darüber das kleinere.
Ich könnte Euch verraten, dass meine männlichen Gäste (ich habe einen Garten, wo es abends natürlich kühl ist, wenn man draußen auf der Bank am Teich sitzt) gern die größeren Sitzkissen nehmen, die Damen die kleineren.
Später ist das Sitzkissen bei Bedarf bis 30 Grad in der Waschmaschine waschbar. Danach muss es wieder in Form gezogen werden. In der Regel genügt es aber, wenn es über Nacht zum Lüften draußen liegt.
Hier seht Ihr im Vergleich: das eben gehäkelte Sitzkissen mit den 18 Runden und dazu die kleineren zwei Sitzenkissen mit nur 16 Runden. Für das Rote und das Grüne habe ich weniger Farben verwendet. Das Faden-Wechsel-Prinzip "einfarbig, zweifarbig" bleibt dabei immer gleich, um den Farbverlauf schön langsam fließend zu gestalten. Je mehr Farben, desto langsamer der Farbverlauf. Aber die Farbgestaltung ist ganz Euch überlassen und hängt ja auch von Euren Wollresten ab.
Und so schaut das Sitzkissen dann fertig zur Benutzung aus. Man kann es überall platzieren, wo man von unten gegen Kälte geschützt sein und weich sitzen will. Das Kissen ist ca. 1 cm dick.
Hier ein paar Schnappschüsse von mir: Wer sitzt schon gern auf den harten Holzbohlen eines Angelkahns? Das muss ja nicht sein oder?
Die Enkelkinder sitzen zum Spielen gern auf unserer breiten Gartentreppe. Mit dem warmen Kissen unter dem Popo gar kein Problem.
Wir nehmen die Sitzunterlagen auch mit in den Abenteuer- und Familienurlaub. Dort verwenden wir das Sitzkissen nicht nur zum Sitzen, sondern z. B. auch als geräuschdämpfende Unterlage beim Würfeln, wen wir Pasch spielen. So stört es die Nachbarn auf der Terrasse im Bungalow nebenan nicht.
Sicherlich habt Ihr auch schon Ideen, wo Ihr Eure neuen Sitzkissen aus Filz überall verwenden könnt. Sie werden Euch viel Freude machen und halten jahrelang. Unsere jedenfalls gehören schon seit Jahren zu unserer "Outdoor-Ausrüstung für alle Fälle".
Demnächst werde ich die Plastik-Sitzbänke unserer Enkelkinder damit ausstatten. Man muss ja keine Kreise häkeln, sondern kann auch Streifen häkeln. Das Prinzip bleibt das gleiche, nur die Form ändert sich.
Ich bedanke mich für Euer Interesse und Eure Aufmerksamkeit und hoffe, Euch hat das Häkeln mit mir Freude gemacht. Wenn Ihr meinen Stil mögt und Lust auf mehr kreative Ideen von mir habt, kommt mich gern in meinem Shop oder auf meinem Blog besuchen.
Über ein kleines Dankeschön für die Anleitung oder eine kleine Plauderei hier unter diesem Blog freue ich mich.
Herzliche Grüße von Ina