Temperaturdecke fürs ganze Jahr – Jeden Tag 1 Reihe häkeln
Für alle, die viel Ausdauer haben und gern ihre bunten Garne verarbeiten wollen, kommt hier eine schöne Idee: eine Temperaturdecke. Diese kann man in verschiedenen Mustern und Größen fertigen. Man könnte sie stricken oder häkeln. Ich habe mich für eine gehäkelte Decke im Moss-Stitch-Muster entschieden.
Was versteht man unter einer Temperaturdecke?
Das Besondere an einer Temperaturdecke ist, dass wir jeden Tag eine Reihe häkeln. Die Farben dürfen wir nicht frei wählen, sondern sind an eine vorher festgelegte Farbskala gebunden. Jeder Farbe ist eine Temperatur bzw. ein Temperaturbereich zugeordnet. Je nach Wetterlage fügen sich somit immer wieder neue Farben aneinander. Jeden Tag bekommt die Decke eine andere Optik.
Man schaut jeden Tag mit Spannung auf das Thermometer oder befragt seine Wetter-App. Je nach Höchsttemperatur des Tages muss man das zugeordnete Garn für die aktuelle Reihe verwenden.
Genug der Theorie. Wir wollen starten. Mustermäßig habe ich mich für das gehäkelte Moss-Stitch-Muster (ich zeige Euch gleich, wie es geht) entschieden. Hier greifen die Maschen zweier aufeinanderfolgender Reihen schön ineinander, sodass es nicht so streifig aussieht.
Wofür soll die Decke sein?
Nachdem das Prinzip einer Temperaturdecke verstanden und das Muster festgelegt wurde, müssen wir überlegen, wofür unsere Decke sein soll. Soll es eine Couchdecke, eine Bettdecke oder wie bei mir eine Auflage für eine Relaxliege werden? Alle Deckenbreiten sind möglich. Die Höhe der Decke ist immer gleich, nämlich 365 Reihen hoch, weil das Jahr 365 Tage hat. Dazu kommen noch 12 zusätzliche Reihen, um die Monate voneinander zu trennen. Das macht zusammen 377 Reihen.
Wenn Ihr später eine Maschenprobe gehäkelt habt, könnt Ihr abmessen, wie viele Reihen Ihr auf 10 cm habt. Mit dieser Reihenzahl könnt Ihr ausrechnen, wie hoch Eure Decke wird. Nach meiner Maschenprobe im angegebenen Muster kommt meine Decke auf 180 cm Höhe bzw. Länge.
Sollten Euch für Euer Wunschmaß – z. B. für eine 200 cm lange Bettdecke – ein paar Zentimeter fehlen, könntet Ihr oben und unten auch einen breiten einfarbigen Streifen häkeln. Man kann die Deckengröße also in gewissem Rahmen individuell anpassen.
Welches Material ist geeignet?
Grundsätzlich sind alle Wollen und Garne geeignet, die Euch gefallen. Sie sollten die nötige Fadenstärke für Euer Projekt haben. Für eine dicke Bettdecke benötigt man auch dicke Wolle. Die Garne müssen die gleiche bzw. eine annähernd gleiche Lauflänge haben. Das können z. B. farbenfrohe Polyacrylgarne oder auch gedeckte Baumwoll- bzw. Baumwollmischgarne sein. Schaut Euch an, von welcher Sorte Wolle Ihr am meisten Farben und Vorräte habt. Darauf baut Ihr dann auf.
Da ich meine Polyacryl-Wollvorräte verbrauchen wollte, habe ich erst einmal alle entsprechenden Garne herausgesucht und mir einen Überblick verschafft. Es sollten schon möglichst viele Farben sein. Meine Garne sind "Bravo" von Schachenmayr und "Lisa" von Gründl mit einer durchschnittlichen Lauflänge von 133 m auf 50 g. Dazu kamen ein paar namenlose Garne mit der gleichen Lauflänge. Allen gemein ist, dass sie farbenfroh und pflegeleicht sind.
Diese Polyacryl-Garne sind recht preiswert, so dass das Deckenprojekt am Ende nicht zu teuer wird. Es gibt sie in vielen Farben, von vielen Herstellern und sie laufen in der Wäsche nicht ein. Einziger Nachteil ist, dass sie nicht atmungsaktiv sind – Polyacryl ist eben eine Kunstfaser.
Wenn man eine atmungsaktive Decke haben möchte, könnte man die Temperaturdecke aus Baumwollgarnen häkeln. Allerdings finde ich die Farbauswahl hier beschränkter und die Farben leuchten auch nicht so. In diesem Fall hätte ich alle Garne neu kaufen müssen, was ich nicht wollte. Da ich Reste verwerten wollte, habe ich meine Decke also aus Polyacryl gehäkelt.
Die insgesamt benötigte Garnmenge hängt von Eurer individuellen Deckengröße ab. Wenn mal eine Farbe zur Neige geht, solltet Ihr eine Nachkaufmöglichkeit haben. Dafür ist es günstig, wenn Ihr die Banderole mit der Farbnummer aufhebt. Ich stecke sie immer in die Mitte des Wollknäuels.
Ist eine Maschenprobe erforderlich?
Ja, unbedingt!
Ihr habt Euch ja schon überlegt, wofür Eure Temperaturdecke sein soll und welche Maße sie dafür haben sollte. Meine Temperaturdecke soll eine Auflage für meine Relaxliege werden.
Um zu ermitteln, mit wie viel Luftmaschen wir für unser individuelles Temperaturdeckenprojekt starten müssen, müssen wir erst eine kleine Maschenprobe im Moss-Stitch-Muster fertigen.
Wie das Muster gehäkelt wird, beschreibe ich Euch in Kürze ausführlich.
Die Maschenprobe muss mindestens eine Größe von 10 × 10 cm haben, damit wir die Maschen gut auszählen können. Wir zählen aus, wie viele Maschen wir für 10 cm in der Breite und wie viel Reihen wir für 10 cm in der Höhe benötigen.
Meine Moss-Stitch-Maschenprobe mit „Bravo“-Wolle von Schachenmayr (133 m/50 g) und gehäkelt mit Häkelnadel Stärke 3,5 ergab: 10 × 10 cm = ca. 21 feste Maschen x 20 Reihen.
Die meisten Relaxliegen sind ca. 180 cm lang × 50 cm breit. Da ich möchte, dass meine Decke an den Seiten ca. 15 cm überhängt, benötige ich deshalb eine fertige Decke mit den Maßen 180 × 80 cm.
Laut meiner Maschenprobe schlage ich deshalb 168 Luftmaschen an. Nach 365 Tagen sollte meine Decke die 180 cm erreichen. Für kürzere oder längere Liegen kann man noch weitere Reihen in beliebiger Farbe anhäkeln.
Wer seine Temperaturdecke in einer anderen Größe häkeln möchte, muss die ermittelten Angaben aus der Maschenprobe zu seinen individuellen Deckenmaßen ins Verhältnis setzen.
Material
- 19 verschiedene Farben „Bravo“ von Schachenmayr (LL 133 m/50 m) oder „Lisa“ von Gründl oder anderes preiswertes Acrylgarn mit gleicher oder annähernd gleicher Lauflänge. Die benötigte Menge hängt von der Größe Eurer Decke und den Temperaturen ab.
- Häkelnadel Stärke 3,5
- Spitze Schere, Lineal für die Maschenprobe, Maßband
- 19 leere große Gläser
- Etiketten zum Beschriften
So geht’s
Generell häkeln wir jeden Tag 1 Reihe. Die Farbe der Reihe wird bestimmt durch die Höchsttemperatur des Tages. Entweder schaut Ihr auf das Thermometer oder Ihr befragt eine Wetter-App im Handy. Ihr könnt Euch auch die Temperaturen mehrerer Tage notieren und häkelt dann ein paar Reihen am Stück.
Auf der Internetseite www.wetterkontor.de kann man sich zudem auch rückwirkend die Tageshöchsttemperaturen für jeden Ort anzeigen lassen.
Vorbereitungen
Wir fertigen uns Etiketten mit immer 2 Gradzahlen an. Bei mir startet es unter 0 Grad und steigt dann bis 34 Grad an. Hätte ich mehr als 19 Farben gehabt, hätte ich den Bereich unter 0 Grad und über 34 Grad noch mit aufnehmen können.
Wer mehr Farben zur Verfügung hat, kann auch jeder Gradzahl eine Farbe zuordnen.
Nun sortieren wir uns die (19) verschiedenen Farben unserer Garne von hell nach dunkel.
Wir fangen mit Weiß für alle Temperaturen unter 0 Grad an. Danach legen wir für jeweils 2 aufeinanderfolgende Grade eine neue Farbe fest.
Weil sich das Projekt über 1 Jahr hinzieht und ich es gern übersichtlich habe, habe ich mir die Garne in leere Gläser sortiert und diese mit den vorbereiteten Etiketten beklebt.
In einer Tüte würden die Wollen schnell durcheinander purzeln und sich verheddern. In den Gläsern hat man sofort den Überblick, welche Farbe zu welcher Temperatur gehört. Die Gläser können mit Twist-Off-Deckeln verschlossen werden, sodass die über Monate nicht gebrauchten Garne geschützt sind.
Im Winter lasse ich nur die „Wintertemperaturen“ griffbereit in meinem Wohnzimmer, die anderen Gläser stelle ich ins Kellerregal. Wenn der Frühling kommt, hole ich die „Frühlingsgläser“ nach oben.
Der Übersichtlichkeit halber habe ich mir noch eine Legende aus Karton gebastelt. Ich habe am Rand 19 Löcher gestanzt, in die ich die 19 farbigen Fäden gebunden habe. Daneben stehen die Temperaturen, bei denen diese Farbe zum Einsatz kommt. Aber diese Legende braucht man nicht unbedingt, wenn man die Gläser ordentlich beschriftet hat und das benutzte Garn immer wieder artig zurück in das Glas legt.
Das Moss-Stitch-Muster
Wer möchte, kann die Häkelgrafik benutzen.
Start
Für eine Decke in der Größe von 180 cm Länge × 80 cm Breite schlagen wir gemäß unserer Maschenprobe 168 Luftmaschen in der Farbe an, die das Thermometer am 1. Januar als Höchstwert anzeigt. Bei mir waren das minus 3 Grad. Dieser Temperatur bzw. diesem Temperaturbereich ist bei mir die Farbe Weiß zugeordnet.
Da Ihr bei 168 Maschen auf dem Foto vom Muster nichts erkennen könntet, häkele ich das Muster im Kleinformat vor – so wie die Häkelgrafik es oben zeigt. Ihr macht das dann – nach beendeter Maschenprobe – einfach für die 168 Maschen bzw. die von Euch für Euer individuelles Deckenprojekt ermittelte Maschenzahl.
Reihe 1 – Tag 1
Wir häkeln 1 Reihe FM mit der gleichen Farbe. Wir beginnen mit 1 Luftmasche, um auf die Höhe der neuen Reihe zu kommen. Am Ende der Reihe schneiden wir den Faden auf 25 cm Länge ab.
Reihe 2 – Tag 2
Wir schauen, welche Höchsttemperatur dieser Tag hat und wählen die entsprechende Farbe aus. Wir lassen 25 cm Faden hängen und starten.
Wir häkeln 1 Luftmasche, um auf die Höhe der neuen Reihe zu kommen, dann häkeln wir 1 FM.
Jetzt häkeln wir fortlaufend: [1 LM, 1 Masche überspringen, 1 FM].
Die Reihe endet immer mit 1 FM in die letzte FM der Reihe.
Am Ende der Reihe schneiden wir den Faden auf 25 cm Länge ab und lassen ihn einfach hängen.
Reihe 3 – Tag 3
Wir schauen, welche Höchsttemperatur dieser Tag hat und wählen die entsprechende Farbe aus. Wir lassen 25 cm Faden hängen und starten.
Wir häkeln 1 Luftmasche, um auf die Höhe der neuen Reihe zu kommen, dann 1 FM.
Jetzt häkeln wir fortlaufend: [1 LM, 1 FM in den LM-Bogen, 1 Masche überspringen].
Die Reihe endet immer mit 1 FM in die letzte FM der Reihe.
Am Ende der Reihe schneiden wir den Faden auf 25 cm ab.
Reihe 4 – Tag 4
Wir schauen, welche Höchsttemperatur dieser Tag hat und wählen die entsprechende Farbe aus. Wir lassen 25 cm Faden hängen und starten.
Wir häkeln 1 Luftmasche, um auf die Höhe der neuen Reihe zu kommen, dann 1 FM.
Jetzt häkeln wir fortlaufend: [1 LM, 1 FM in den LM-Bogen, 1 Masche überspringen].
Die Reihe endet wieder mit 1 FM in die letzte FM der Reihe.
Den Faden auf 25 cm abschneiden.
Reihe 5 – Tag 5
Wir schauen, welche Höchsttemperatur dieser Tag hat und wählen die entsprechende Farbe aus. Wir lassen 25 cm Faden hängen und starten.
Wir häkeln 1 Luftmasche, um auf die Höhe der neuen Reihe zu kommen, dann 1 FM.
Jetzt häkeln wir fortlaufend: [1 LM, 1 FM in den LM-Bogen, 1 Masche überspringen].
Die Reihe endet wieder mit 1 FM in die letzte FM der Reihe.
Den Faden auf 25 cm abschneiden.
Weitere Reihen
Wir wiederholen fortlaufend die Reihe 5. Das lässt sich doch sehr gut häkeln oder?
So setzt sich das Muster Reihe für Reihe bzw. Tag für Tag fort. Die seitlichen Kanten sind gerade und verlaufen parallel zueinander.
Die Decke wächst ganz langsam in die Höhe.
Nachdem Ihr das Muster beherrscht, habt Ihr sicherlich schon die 168 Luftmaschen für die Decke gehäkelt. Ich auch.
Gemäß den Temperaturen an meinem Wohnort entwickelt sich meine Decke mit meinen Farben so – bei Euch kann das natürlich ganz anders ausschauen.
Nach 5 Tagen:
Die Fäden hängen seitlich immer ca. 25 cm heraus:
Nach 21 Reihen bzw. 21 Tagen wird es schon farbiger:
Nach 31 Reihen bzw. 31 Tagen ist der Januar fertig.
Um später die einzelnen Monate unterscheiden zu können, häkel ich eine Reihe im gleichen Muster in einer Kontrastfarbe, die es in meiner Temperaturskala nicht gibt (bei mir Anthrazit).
Zur Kontrolle:
Wenn wir jetzt die Höhe des Streifens messen und mit 12 addieren, kommen wir auf die Endhöhe unserer Decke: bei mir 15 cm × 12 Monate = 180 cm.
Wir setzen die Decke für die weiteren Monate in diesem Rhythmus fort.
Nach jedem Monat häkeln wir eine Reihe in der Kontrastfarbe. Anhand der Farben der Decke kann man hier ablesen, dass es Anfang Februar bei mir tagelang sehr kalt war und die Temperaturen unter 0 Grad lagen.
Anfang März wurde es langsam wärmer. Endlich kommen mehr Farben ins Spiel – nicht nur in der Natur, sondern auch in meiner Decke.
Nach 365 Tagen schaut die Decke dann so aus: schön bunt und mit vielen Faden-Enden.
Was machen wir mit den Fäden?
Da wir keine Fäden vernähen wollen, verknoten wir sie an den Rändern zu Fransen. Wir nehmen immer 8 Fäden zusammen und machen einen Knoten. Die Faden-Enden hängen ungleichmäßig aus dem Knoten.
Dort, wo unser Deckenanfang ist, fehlt ja ein Faden. Hier fädeln wir einfach einen Faden mit der Häkelnadel durch die Ecke und verarbeiten ihn mit zu einer Franse.
Das machen wir mit allen weiteren Fäden so. Am Ende haben wir auf beiden Seiten der Decke viele geknotete Fransen.
Jetzt folgt eine zweite Reihe Knoten. Wir verknoten jeweils die Hälfte der Fäden von Franse 1 mit der Hälfte der Fäden von Franse 2. Alle Knoten sollen auf gleicher Höhe sein.
Jetzt kürzen wir die Fäden auf ein einheitliches Maß. Ich mache das immer so: Ich stelle eine stabile Schablone (ca. 11 × 11 cm; hier ein Zählrahmen für eine Maschenprobe) auf den letzten Knoten.
Wir legen die Fäden einer Franse über die Schablone. Dann schneiden wir oben direkt an der Kante die Fäden durch. So werden alle Fransen gleich lang.
Fertig ist meine Temperaturdecke des Jahres 2021.
Aus meiner Temperaturdecke ist wie geplant eine Auflage für meine Relaxliege geworden:
Wer das Muster schön findet, aber keine Geduld für ein Projekt aufbringt, welches sich über 365 Tage hinzieht, kann die Decke natürlich auch aus anderen Farben seiner Wahl in beliebiger Farbfolge häkeln.
Da ich noch viele Pastellfarben hatte, habe ich noch dieses Modell gehäkelt:
Schlusswort
Ich hoffe, Euch hat das Häkeln mit mir Freude gemacht. Wenn Ihr meinen Stil mögt und Lust auf mehr kreative Ideen von mir habt, kommt mich gern auf meinem Blog oder in meinem Shop besuchen. Bei Fragen könnt Ihr mich auch gern persönlich anschreiben.
Über ein kleines Dankeschön für meine Mühe, einen netten Kommentar oder eine kleine Plauderei hier unter diesem Blog würde ich mich freuen.
Herzliche Grüße von Ina