Jeder, der näht, braucht sie, möchte sie gern haben oder geschenkt bekommen:
Nähgewichte!
Wer näht, kennt das: Man legt einen Papierschnitt auf einen Stoff. Damit der Schnitt nicht wegrutscht, fixiert man ihn mit Stecknadeln. Die machen allerdings kleine Löcher ins Gewebe und außerdem sind sie beim Ausschneiden mit der Stoffschere immer im Weg. Da gibt es doch was Besseres oder?
Ja, genau. Es gibt Nähgewichte. Früher habe ich immer irgendwas (Schere, Handy etc.) auf den Schnitt gelegt, damit er in der gewünschten Position auf meinem Stoff liegen blieb. Aber irgendwas ist natürlich auf Dauer nicht schön. Und weil wir alle genügend Stoffreste haben und nähen können, können wir uns wunderbare kleine Nähgewichte fertigen. Sie liegen wie weiche Handschmeichler gut in der Hand und machen durch ihre Buntheit gute Laune. Und natürlich machen sie, was sie sollen, sie halten unseren Papierschnitt zuverlässig auf dem Stoff.
Nähgewichte kann man überall platzieren, wo man sie braucht. Sie sind schnell gegriffen, schnell positioniert und fixieren den Untergrund. So kann man prima den Stoff zuschneiden. Jetzt zeige ich Euch, wie man sie ganz fix aus Stoffresten nähen kann. Macht doch einfach mit!
Materialien
- Stoffreste (Baumwolle, Webware, in jedem Fall dicht gewebt und unelastisch)
- Ripsband oder stabiles Schleifenband (ca. 10 bis 15 mm breit, Reste genügen)
- Stoffschere, Stickschere oder andere kleine spitze Schere
- Patchworklineal oder Dreieck sowie Trickmarker zum Anzeichnen
- Bügeleisen, Dampfbügeleisen
- Nähmaschine, Nähgarn
- 1 Stück Zeichenkarton oder stabiles Papier zum Bau eines Trichters
- 1 Nähnadel
- Vogelsand für die Füllung (ca. 200 g je Nähgewicht; gibts bei Rossm... oder anderen Drogeriemärkten)
- 1 Pinzette
Zuerst einmal suchen wir alle in Frage kommenden Stoffe aus unseren Vorräten zusammen. Sicherlich habt Ihr Lieblingsstoffe, die Ihr schon vernäht habt und die Ihr immer wieder gern anschaut. Als Nähgewichte werden sie Euch nun künftig erfreuen. Die Stoffreste müssen mindestens 10 x 10 cm Größe haben.
Der Zuschnitt
Wir bügeln 1 Stoffstück mit Dampf, sodass es schön glatt ist. Baumwolle knittert ja gerne und zum Aufzeichnen der Maße muss der Stoff schön glatt sein.
Danach zeichnen wir uns mit Hilfe eines Patchworklineals bzw. Dreiecks und eines Trickmarkers für 1 Nähgewicht 2 quadratische Rechtecke in der Größe 10 x 10 cm auf der linken Seite des Stoffes auf. Die Nähgewichte sind mit diesen Maßen später klein genug, um sie auch auf schmalen Schnittteilen gut positionieren zu können. Trotzdem sind sie durch ihre Füllung schwer genug, um an Ort und Stelle zu bleiben. Die Nahtzugaben sind schon enthalten.
Wir schneiden die Vierecke mit einer Stoffschere aus. Im Bild seht Ihr meine Lieblingsstoffschere von Firma Paul. Sie hat auf ihrer Schneide eine eingearbeitete Microverzahnung. Damit greift sie jeden Stoff und schneidet bis in die kleinste Spitze. Nichts rutscht weg.
Da ich mehr als 1 Nähgewicht brauche und in einem Rutsch gleich mehrere nähen möchte, habe ich mir eine Schablone aus Pappe gemacht.
Mit Hilfe der Schablone können wir uns nun ganz leicht quadratische Zuschnitte in einer Menge unserer Wahl fertigen. Für 1 Nähgewicht brauchen wir 2 Vierecke aus gleichem Stoff oder aus zwei verschiedenen Stoffen. Mir gefielen die mit den zwei gleichen Stoffen am Ende besser.
Die Kanten versäubern
Da wir hier mit Webware arbeiten, fransen die Ränder natürlich nach dem Zuschnitt aus. Deshalb müssen wir alle Kanten der Vierecke versäubern.
Wir versehen alle 4 Ränder eines Vierecks mit einer Zickzacknaht. Meine Stichbreite beträgt 5 mm und die Stichlänge 1,5 mm. Macht bitte vorher eine Probenaht an einem Probestück, damit Ihr die Sticheinstellungen herausfindet, die bei Euch zum besten Ergebnis für den Zickzack-Stich führen.
Nahtbeginn und Nahtende müssen wir nicht verriegeln.
Wir legen den Stoff so ein, dass sich die Stoffkante genau in der Mitte des Nähfusses befindet. Wir nähen jede Seite einzeln. Fadenanfang und Fadenende verriegeln wir nicht.
Am Ende hängen an den Ecken viele Fäden heraus. Die Faden-Enden schneiden wir ab. Das können wir getrost tun, denn diese Ecken kommen später sowieso nach innen. Darüber hinaus werden die Ecken später zur Ausformung der Spitzen des Nähgewichts sowieso abgeschnitten. Den Arbeitsschritt der Nahtsicherung dürfen wir uns hier also sparen.
Wer wie ich gleich mehrere Nähgewichte auf einmal näht, darf nun erstmal in seinen bunten Stoffen schwelgen und sie wie oben beschrieben vorbereiten.
Der Anfasser
Für jedes Nähgewicht benötigen wir einen Griff. Schließlich wollen wir die Gewichte gut greifen und auf unserem Papierschnitt positionieren können. Pro Nähgewicht brauchen wir einen 12 cm langen Streifen Ripsband oder stabiles Schleifenband. Das Band sollte ca. 10 bis 15 mm breit sein, damit es von den Proportionen her zum Nähgewicht passt.
Wir haben nun alle Materialien vorbereitet: 2 Vierecke 10 x 10 cm und 1 Stück Ripsband
Auf den folgenden Fotos seht Ihr, dass bei meinen Stoffstücken die Zickzack-Nähte fehlen. Dies deshalb, da ich ausprobiert habe, wie es sich näht, wenn man den feinen Baumwollstoff zusätzlich mit Bügelvlies verstärkt. Das geht im Prinzip auch, ist aber gar nicht notwendig, wie sich im Laufe meiner Näharbeiten gezeigt hat. Aber die Fotos sind nun mal da und Ihr könnt Euch sicher vorstellen, wie das mit den versäuberten Vierecken ausschauen würde. Alle folgenden Modelle meiner Nähgewichte-Serie habe ich mit versäubertem Stoff ohne Bügelvlies-Verstärkung genäht - einfach, weil das genügt und beim Nähen und Wenden leichter zu händeln ist.
Es ist natürlich schön, wenn man zu jedem Stoff farblich passende Bänder hat, aber so groß war die Auswahl bei mir leider nicht.
Die Montage
Wir falten das Ripsband an der schmalen Seite zusammen und legen es mit den Enden nach außen auf eine Ecke eines Viereckes. Die rechte Seite des Vierecks ist dabei oben. Wir klammern das Ripsband mit einer Stoffklammer an die Ecke des Vierecks.
Wir legen das andere Viereck mit der linken Seite nach oben auf das Viereck mit dem Ripsband. Die schönen Seiten sind beide innen. Wir klammern die 3 Schichten nun zusammen.
Wir klammern unser Viereck an 3 Seiten zusammen.
Mit dem gesäumten Stoff sieht das ganz genauso aus:
Das Nähen
Wir nähen mit einem kurzen Geradstich die 3 Seitenkanten zusammen. Der kurze feine Stich ist hier notwendig, damit die Naht schön eng ist und der Sand, den wir später in das Nähgewicht füllen, nicht zwischen den Einstichen herausrieselt. Wir nähen nähfüßchenbreit, also ca. 7 mm von der Stoffkante entfernt. Meine Sticheinstellungen lauten: Stichbreite 1 mm, Stichlänge 1 mm – das kleinste, was bei mir geht. Testet bitte an einem Probestück, welche Einstellungen bei Euch zum besten Ergebnis führen.
Schaut Euch Eure Probenaht an und setzt sie von unten unter mit der Hand Spannung. Wenn die Naht schön fein und dicht ist, könnt Ihr mit diesen Sticheinstellungen weiterarbeiten.
Es geht los mit dem ersten Nähgewicht. Wir nähen füßchenbreit die erste Naht – bis zur Ecke.
An der Ecke stoppen wir, versenken die Nadel im Stoff, heben das Nähfüßchen an, drehen den Stoff um 90 Grad, senken den Nähfuß wieder ab und nähen die zweite Seite des Vierecks.
Angekommen an der nächsten Ecke versenken wir wieder die Nadel, heben den Nähfuß an, drehen den Stoff, senken den Nähfuß wieder ab und nähen auch die dritte Seite des Vierecks zusammen.
So schaut das nun aus:
Wir schneiden mit einer feinen Schere die Ecken ab. Bitte nicht die Naht verletzen, sonst rieselt hier später der Füllsand heraus.
Die 3D-Form entsteht
Jetzt haben wir eine kleine Hülle mit innen liegendem Griff.
Wir drehen unser Werk auf rechts und bügeln es einmal mit Dampf.
Den Anfasser fixieren
Da unser Werk nun gerade so schön flach vor uns liegt, fixieren wir jetzt unseren Anfasser mit einer Steppnaht. Wir können einen normalen Geradstich wählen. Das Band muss später das ganze Nähgewicht tragen und muss deshalb nochmal gesondert fixiert werden, so dass es nicht ausreißen kann.
Meine Naht ist leider ein bisschen schief geworden, aber ich zeige sie Euch trotzdem – wir sind ja alle nicht perfekt. Hier müssen wir zu Beginn und am Ende die Naht verriegeln.
Die letzte Naht mit Wendeöffnung
Wir falten unser Werk wieder auf links und bügeln die Nahtzugaben über eine Länge von ca. 3 cm auseinander.
Wir legen die flach gebügelten Nähte genau gegenüber. Wir klammern die offenen Kanten mit Stoffklammern zusammen.
Wir lassen eine 2,5 cm lange Wendeöffnung zwischen der NZG der Mitte und 1 cm vor der anderen Kante entfernt. Wir wollen unbedingt die Ecken von der Nähmaschine nähen lassen, weil die das feiner kann als wir per Hand. Die Wendeöffnung schließen wir später von Hand.
Bei dem weichen Stoff und der kleinen Länge genügt es, wenn wir nur die Mitte mit einer Stoffklammer fixieren. Der Nähmaschinenfuß muss beim Einspannen ja auch noch Platz haben.
Wir nähen nähfüßchenbreit von der einen Seite eine ca. 1 cm lange Naht. Wir verriegeln Anfang und Ende der Naht. Das ist also eine Mininaht. Wir achten darauf, dass wir die äußeren Enden der Naht besonders sorgfältig verriegeln, damit hier später kein Sand herausrieselt.
Dann nehmen wir unser Werk aus der Nähmaschine und drehen es um. Nun nähen wir von der anderen Seite ebenfalls eine Naht mit dem feinen kurzen Geradestich – und zwar bis über die NZG in der Mitte. Anfang und Ende der Naht verriegeln wir.
Die Wendeöffnung bleibt offen.
Wir achten darauf, dass wir die äußeren Enden der Naht besonders sorgfältig verriegeln, damit hier später kein Sand herausrieselt.
Nach dem Nähen wenden wir unser Werk. Wir krempeln den Stoff um und ziehen ihn durch die Wendeöffnung. Bei normalem Stoff geht es recht gut, weil der ja weich ist. Allerdings gibt es hier auch noch einen Trick.
Wir nehmen uns eine Pinzette und führen sie in die Wendeöffnung ein. Dann greifen wir in die Lasche des Anfassers und ziehen ihn durch die Öffnung heraus. Danach greifen wir mit den Händen den Schaft des Anfassers (da, wo die Griff-Naht ist) und ziehen den restlichen Stoff durch die Wendeöffnung heraus.
Die Ecken können wir nun mit einem leeren Kugelschreiber o. Ä. gut ausformen.
Wir stecken die Nahtzugabe der Wendeöffnung nach innen. Wir bügeln die noch offene Seitenkante mit dem Dampfbügeleisen schön flach.
Hier mal ein Gruppenbild. Noch sind es alles leere Hüllen. Aber gleich werden sie gefüllt. Die Nähmaschine hat jetzt Feierabend.
Die Füllung
Wir nehmen uns einen kleinen Haushaltstrichter oder wir basteln uns eine Spitztüte aus Zeichenkarton bzw. stabilem Papier. Wir schneiden die Spitze der Spitztüte ab.
Wir legen das Nähgewicht in eine flache Schüssel und stecken den Trichter in die Wendeöffnung. Wir befüllen nun mit einem Teelöffel langsam das Nähgewicht mit dem Vogelsand. Der ist schön schwer und gleitet in jede Ecke unseres Nähgewichts.Meiner duftet auch noch angenehm leicht nach Anis.
Wir füllen das Nähgewicht nicht zu voll, sonst würde der Sand beim Schließen der Wendeöffnung wieder heraus rieseln. Wir brauchen schließlich auch ein bisschen Platz zum Nähen.
Wir müssen nun die Wendeöffnung per Hand zunähen. Wir lassen das Nähgewicht dabei in der Schüssel stehen oder stellen es in ein kleines Gefäß, so dass es nicht umkippen kann.
Wir nähen mit einer feinen Nähnadel und Nähgarn die Öffnung mit dem Leiterstich zu. Wir nähen von rechts nach links. Wir beginnen an der Mittelnaht und arbeiten in Richtung Spitze.
Im Laufe der Näharbeit ziehen wir mit dem Faden die Leiternaht zu.
Wenn wir nur noch 1 cm zu nähen offen haben, stecken wir den Trichter nochmal in die Öffnung und füllen vorsichtig noch ca. 1 flachen TL Sand nach. Meine Nähgewichte haben am Ende damit eine Füllung von ca. 180 bis 190 g.
Danach nähen wir auch den Rest zu und vernähen den Faden gut. Wenn - wie bei mir - die Mittelnähte nicht haargenau aufeinandertreffen, ist das nicht schlimm. Auf dieser Naht steht später das Gewicht, man sieht sie also nicht.
Wem das mit der Leiternaht zu friemelig ist, der kann auch mit der Hand beide Stoffkanten mit feinen Stichen zusammennähen. Da man diese Seite später nicht sieht, ist das auch vertretbar. Allerdings muss diese Naht besonders fein und sorgfältig ausgeführt werden, sonst rieselt hier später der Sand heraus.
Fertig
ist das erste Nähgewicht :-)
Aber eines ist keines. Natürlich brauchen wir zum Beschweren unserer Papierschnitte auf dem Stoff mehr als ein Gewicht. Und sicherlich habt Ihr noch mehr hübsche Stoffreste, die nur darauf warten, Euch in neuer Form und Funktion zu erfreuen.
Die Nähgewichte liegen von der Größe her wunderbar in meiner Hand. Man hat sie schnell gegriffen, schnell positioniert und schnell umpositioniert. Durch die spitzen Ecken kann man sie auch gut auf schmale/spitze Stellen eines Schnittmusters stellen und sieht hier trotzdem die Schnittlinien um das Gewicht herum. Ein Nähgewicht mit einer runden Auflagefläche bekäme das nicht so gut hin.
Wenn Euch die Nähgewichte gefallen, könntet Ihr auch ein paar an Eure Nähfreunde verschenken – vielleicht zusammen mit einer schönen Nähzeitschrift? Über dieses persönliche und selbstgemachte Geschenk freut sich bestimmt jeder, der näht.
Ich bedanke mich für Euer Interesse und Eure Aufmerksamkeit und hoffe, Euch hat das Nähen mit mir Freude gemacht. Wenn Ihr meinen Stil mögt und Lust auf mehr kreative Ideen von mir habt, kommt mich gern in meinem Shop oder auf meinem Blog besuchen.
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Herzliche Grüße von Ina