Gleich zur Einleitung: Ich bin ein Grufti. Und nein, ich opfere keine schwarzen, jungfräulichen Katzen und Babys auf dem Friedhof.
Jahrelang habe ich mich gegen "typisch weibliche" Hobbys gesträubt. Diese ganzen Puder-Pastellfarben, das ganze Image gerade von Arbeiten mit Wolle lösten bei mir eher Assoziationen der Stepford-Wives, des Heimchens am Herd aus. Meine Hobbies die letzten Jahre sind Fotografie und Schmuckherstellung mit der Drahtwickeltechnik, meine Welt eher die von Draht, Perlen, Zahnrädern und Zangen. Ich gehöre zu den Leuten, die ständig etwas in den Fingern brauchen. Dabei gilt aber: Ich kann nicht mitzählen, das macht mich wahnsinnig. Schon von daher fielen sowas wie Stricken oder Häkeln weg. Und die Tatsache, dass ich rein schriftliche Anleitungen so gut wie nicht umsetzen kann; Noten lesen kann ich ebensowenig wie Häkelschrift. Folglich hat mich mein neues Hobby auch echt überrascht.
Es begann letzten April, als ich beschloss, mir selber eine Maske zu nähen. Mit null Ahnung, aber viel Willen zum Herumprobieren. Aus einer wurden mit der Zeit ein paar mehr, und irgendwann stellte ich fest, dass ich mich am meisten darauf freute, die Bändel zu häkeln. Ich schaute also mal auf Youtube nach einfachen Anleitungen und schwupps, war ich in eine komplett neue Welt gesogen. Viele der Lehrerinnen dort schwärmten zwar von ach-so-zarten Rosétönen und Babydecken, was mich eigentlich eher schreiend in die andere Richtung laufen lässt, aber ich knabberte mich durch mit dem Wissen: Du musst die Farben ja nicht verwenden und kannst mit dem Muster etwas anderes machen.
Hier sei dazu gesagt, dass ich als Grufti durchaus Farben mag, allerdings eher die Kräftigen. Dunkles Grün, Lila, Rot und Blau sind wunderbar, nur meistens nicht zum Anziehen.
Jedenfalls führte mich mein Videogucken bald dazu, dass ich plötzlich sowas wie Büschelmaschen ausprobierte und Freunde und Familie einhäkelte. Dass ich lernte, dass es sowas wie Farbbäder gibt, auf die man achten muss, was Bobbel sind und dass ich mal wieder zielsicher einen Geschmack habe, der sich nicht wirklich mit meinem Portmonee deckt, was das Material angeht. Wolle ist irgendwie so schnell alle, und am liebsten kein Plastikkram und muselingfrei.
Und um auf die zweiten Satz aus dem Teaser einzugehen: Ja, Selbermachen ist voll gothic. In den 80er Jahren entstanden hat man sich damals die Klamotten oft selbstgenäht (oder verunstaltet, wenn man Eltern und Großeltern fragte), heute werden sowas wie zerrissene Strumpfhosen von der Stange verkauft, was mich immer noch mit dem Kopf schütteln lässt. Aber gerade in der Szene ist Kreativität sehr geachtet, die Individualität wichtig. Von daher sollte ich eine Fähigkeit dazu pauschal nicht ungbedingt ablehnen, auch wenn ich die Sachen, die die Mehrheit der Hanandbeiterinnen macht, nicht so mein Ding sind. Ich kann trotzdem etwas von ihnen lernen und für mich abwandeln.
Von daher: Danke noch einmal gerade an die, die Videoanleitungen machen, sie haben mir kleinen Anleitungsleghasteniker durch die Coronazeit geholfen. Meinem Repertoire aus Schmuckbastelei habe ich jetzt Mützen, Schals und Tücher hinzugefügt, meiner Schwester eine schwarze Nikolausmütze zu Weihnachten gehäkelt und bin nicht durchgedreht, während ich viel zu viel zuhause saß.
Drahtwickeleien aus Kupfer, Messing und teils Baumarktdraht. ;)
Tuch "Mystica" nach Youtube-Anleitung von Romy Fischer.
Gehäkelt mit einem Bobbel von made-with-love85.Gemodelt von meinem Schwesterherz.
Und irgendwie lerne ich auch noch,schriftliche Anleitungen zu lesen. :)